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Jürgen Prinz hängt den Wehrführerhelm an den Nagel

Posted by | Allgemein | Samstag 18 Mai 2013 16:41

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Nicht mehr das letzte Wort haben müssen

Jürgen Prinz hängt den Wehrführerhelm an den Nagel

 

Keine Entscheidungen mehr treffen müssen, mehr Zeit für die Familie haben und vielleicht sogar mal in Urlaub fahren, das sind die Aussichten, wenn ein Wehrführer nach 25 Jahren seinen Helm an den Nagel hängt. Jürgen Prinz, der ein viertel Jahrhundert der Chef der Niederissigheimer Feuerwehr war, hatte sich nicht mehr zur Wiederwahl gestellt (der HA berichtete). Armin Demel wurde als sein Nachfolger gewählt.

Was bewegt einen Mann, sein Leben in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen? Warum verzichtet jemand auf viele private Stunden, persönliche Freizeit? Warum leistet er diese Arbeit ehrenamtlich und das in unserer heutigen schnelllebigen Zeit des Lohn- und Leistungsdenkens? Wieso setzt er im Ernstfall sogar sein Leben und die eigene Gesundheit aufs Spiel? Prinz hat hierauf nur eine Erklärung: „Idealismus und Verantwortungsbewusstsein“.

Der 55-jährige Bruchköbeler kam schon als Kind mit der Wehr in Berührung. Das Elternhaus stand in Roßdorf in unmittelbarer Nähe des Löschteiches. Dort hat die Feuerwehr ihre Übungen abgehalten. Das hat ihn fasziniert und die roten Autos haben ihn bis heute nicht mehr losgelassen. Auch familiär wurde er geprägt. Sein Opa und sein Vater waren aktive Wehrleute. Sicher war am Anfang auch mal Fußballspielen angesagt. Aber dann ist die Feuerwehr in den Vordergrund gerückt. Da es in Roßdorf noch keine Jugendfeuerwehr gab, war Prinz mit 14 Jahren bereits in der Einsatzabteilung. „Da hat man Ausbildungen gemacht, hat seine Uniform und Helm bekommen und war im Boot. Wenn die Sirenen gingen war man dabei. Damals gab es noch keine Meldeempfänger“, erinnert sich Prinz. Auch ein Einsatz mitten im Ortsteil Roßdorf ist ihm bleibend im Gedächtnis geblieben: „Da brannten zwei Panzer mitten im Ort. Ein Bergepanzer war nach Friedberg unterwegs. Er schleppte einen Haubitzenpanzer ab. Der Bergepanzer hatte auf der Ortstraße angefangen zu brennen. Der Kommandant hat es nicht mehr geschafft aus dem Ort zu kommen. Mitten im Berufsverkehr, der dann über Feldwege umgeleitet wurde, ging es zur Sache. Verschärft hat die Sache, dass die Meldung kam, dass scharfe Munition an Bord sein sollte. Als ganz junger Feuerwehrmann war das eine ganz große Sache.“ Die Liebe und die Hochzeit mit seiner Ehefrau Inge haben ihn dann 1978 nach Niederissigheim verschlagen. 1982 wurde er als Gruppenführer in den Vorstand gewählt. Dies war auch das Jahr, das den größten Einsatz für alle Wehren in Bruchköbel erforderte. Eine Explosionskatastrophe erschütterte am 9. Februar früh morgens die Stadt. Die Produktionshalle der Kosmetikfirma Reinelt war durch eine Gasexplosion in die Luft geflogen. Es gab drei Todesopfer und 17 teilweise schwer verletzte Personen. Sämtliche Häuser und Gebäude in der Umgebung wurden schwer beschädigt oder zerstört. Es wurde Katastrophenalarm ausgelöst. „Wir waren aus Issigheim die erste Wehr, die vor Ort war. Es war erschütternd das Trümmerfeld zu sehen. Heute können wir von Glück reden, dass für die Rettungskräfte alles so glimpflich verlaufen ist. Wie man damals vorgegangen ist, gegenüber dem heutigen Wissen als ausgebildete Feuerwehrleute, muss man froh sein, dass nicht mehr passiert ist. Dort war ich drei Tage im Einsatz. Wir waren am Ende unserer Kräfte angelangt. Das wird man sein Leben lang nicht vergessen“, erzählt Prinz heute noch bewegt. Viele Brände, die es zu löschen galt, kamen in seiner Laufbahn noch dazu. Auch die Hochwasser sind ihm heute noch präsent: „Da stand einmal das Wasser 70 Zentimeter hoch. Alle Kanaldeckel waren hochgedrückt worden. Ein Feuerwehrmann rutschte gerade in so ein Loch hinein und ich konnte ihn in letzter Sekunde noch an der Hand packen. Er wäre sonst im Kanal verschwunden“. Hier würde man auch sehen, welche Gefahren bei einem vermeintlich harmlosen Einsatz doch vorhanden sind. Aber die Öffentlichkeit erkennt dies oft nicht an und die Wehr wird sogar noch angefeindet, wenn mal Neuanschaffungen anstehen. Aber dass die Feuerwehrmänner nur dann effizient helfen können, wenn sie auf dem neuesten technischen Stand sind, will kaum jemand anerkennen. Hierüber ärgert sich Prinz richtig.

Im Jahr 1988 wurde Prinz dann schließlich nach der Ausbildung als Zugführer zum Wehrführer und zum 1. Vorsitzenden gewählt. Gleichzeitig war er damit auch Chef des Musikzuges Niederissigheim. In dieser dreifachen Funktion musste er in allen Bereichen ein tiefes Tal durchlaufen. Die Personaldecke war mehr als dünn, der Musikzug war noch im Aufbaustadium und der Verein war finanziell fast vor dem Aus: „Dies hat alles gleich zu Beginn meiner Amtszeit für sehr viel zusätzliche Arbeit gesorgt“. Auftrieb gab es dann durch die Wettkampfgruppe, die Prinz ausbildete. Bereits ein Jahr später war diese als Vertreter des Landes Hessen beim Deutschen Feuerwehrtag in Friedrichshafen. Hierdurch konnten Kräfte für die Einsatzabteilung und die Jugendwehr motiviert und gewonnen werden. Im Laufe der Zeit konnte auch wieder eine gute finanzielle Grundlage geschaffen werden. Viele Veranstaltungen und die Einnahmen hierdurch gaben den Grundstein des von Prinz geplanten An- und Umbau. Hierfür hat er zehn Jahre gekämpft. Dies ging sogar soweit, dass die Feuerwehr in Uniform in der Stadtverordnetensitzung auftauchte und sich dann zum ersten Mal an den runden Tisch gesetzt wurde. Es waren zähe Verhandlungen. Im Jahr 2000 konnte dann endlich mit dem Bau begonnen und dieser 2001 abgeschlossen werden. Hier wurden unter der Führung von Prinz weit über 5000 Arbeitsstunden abgeleistet und aus der Vereinskasse ein sechsstelliger Geldbetrag in die Zukunft der Niederissigheimer Wehr investiert. „Es ist mir hier wichtig klar zu stellen, dass alle unsere Einnahmen wieder dazu verwendet werden, dass die Wehr zum Wohl der Bevölkerung auf dem neusten Stand bleibt. Mein Ziel war es immer, mit und für die Mannschaft etwas zu bewegen. Man kann nur helfen, wenn die Ausstattung, Unterbringung oder die Gerätschaften vorhanden sind“, weiß Prinz. Parallel zum Bau der Feuerwehr brachte er die Anschaffung des ersten Tanklöschfahrzeuges auf den Weg. „Was hätte es genutzt, wenn wir als Wehr vor Ort waren, aber kein Wasser zum Löschen hatten?“ Nebenher pflegte er auch die Freundschaft zur Partnerwehr in Obermarkersdorf: „Diese Partnerschaft bedeutet mir sehr viel. Insgesamt wurden durch Fahrten nach Österreich über 60000 Kilometer zurückgelegt“.

Ob er in der ganzen Zeit mal alles hinwerfen wollte? „Diese Phase gab es auch. Ich hatte die Faxen dick. Ich fragte mich, was man sich noch alles gefallen lassen sollte. Es gab Angriffe, die sehr persönlich waren und jeder Grundlage entbehrten“. Aber er hat weitergemacht. „Nach der ganzen Zeit in Amt und Würde, hatte man grundlegende Sachen gemeistert. Finanziell stand man in den Startlöchern mit dem Bau. Und wenn der Häuptling hingeworfen hätte, wäre vielleicht alles den Bach hinunter gegangen. Da habe ich mir gesagt – und jetzt erst recht“. Heute kann er eine schlagkräftige und gut ausgebildete Einsatzabteilung, sowie eine zeitgemäß ausgerüstete und gut untergebrachte Feuerwehr seinem Nachfolger übergeben. „Ich habe den Fortbestand der Wehr für die Zukunft und zur Sicherheit der Bürger erreicht. Ich brauchte für die Baumaßnahme keine Kredite aufnehmen und keinen Mitgliedsbeitrag erhöhen. Hierauf bin ich sehr stolz“. Selbst in seinen Beruf als elektrotechnischer Angestellter ließ ihn die Feuerwehr nicht los. Dort war er fast 25 Jahre stellvertretender Leiter der Betriebsfeuerwehr. Aber hinter jedem idealistischen Feuerwehrmann der verheiratet ist, muss auch eine Ehefrau stehen, die das alles mitmacht. Hier konnte Prinz auf eine Frau zählen, die selbst aus einer Feuerwehrfamilie kommt und die oft in der Wehr anzutreffen war und immer mithalf. Auch seine beiden Kinder sind inzwischen in seine Fußstapfen getreten und gehören der Einsatzabteilung an. In Zukunft möchte Prinz sich vor allem mehr der Familie widmen, der inzwischen auch zwei Enkel angehören. Aber auch das Ski- und Motorradfahren und sein Oldtimertraktor warten auf ihn. Und vielleicht klappt ja auch dann der wohlverdiente Urlaub. Prinz freut sich auf diese Zeit: „Ich bleibe aktiver Feuerwehrmann, bin im Feuerwehrausschuss und Ehrenvorsitzender. Aber ich muss nicht mehr überall präsent sein und bin froh nicht mehr das letzte Wort haben zu müssen“.

Sylvia Sehring für HANAUER ANZEIGER

 

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